LTS-Jahrestagung in St. Gallen

14./15. Mai 2009

Am 14./15. Mai 2009 fand die diesjährige Jahrestagung des LTS in St. Gallen statt.

Gastgeber der Veranstaltung war die TMF Extraktionswerk AG Bazenheid, Geschäftsführer Herr Werner Käufeler.
Das in St. Erasmus entwickelte Verfahren zur Vergärung von Kategorie-1-Material mit der Nutzung des Biogases kommt in Bazenheid in der Schweiz zum Einsatz. In der dortigen TMF Extraktionswerk AG kann das Verfahren aufgrund der örtlichen Synergien sinnvoll eingesetzt werden.
Geschäftsführer Werner Käufeler stellte es am 15. Mai 2009 anlässlich der Jahrestagung des Landesverbandes Tierkörperbeseitigung und Schlachtnebenproduktverwertung Bayern e.V. (LTS) vor.

Zunächst begrüßte LTS-Vorsitzender Rainer Berndt (Oberding) die Teilnehmer der Jahrestagung des LTS und dankte Werner Käufeler und seiner Ehefrau für die Organisation, insbesondere auch des Rahmenprogramms mit Besichtigungen von St. Gallen und des Appenzellerlandes.

Vor etwa 80 Zuhörern begrüßte alsdann der Leiter des Gesundheitsdepartements der St. Gallischen Regierung, Roman Wüst, die Teilnehmer der LTS-Tagung.

Kartellrecht

Als erster Fachreferent referierte Rechtsanwalt Dr. Gerhard Pischel, (Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, München) über die Vermeidung kartellrechtlicher Risiken für Unternehmen, Führungskräfte und Aufsichtsorgane.

Er beschränkte sich in seinem Vortrag auf das Verhalten von und Absprachen zwischen Wettbewerbern. Absprachen sind generell nichtig und damit verboten. Auf ihre Wirkungen kommt es nicht an.

Zu einer guten Unternehmensführung gehört es, von vorneherein kartellrechtsrelevante Situationen zu vermeiden. Kartellrechtsverfahren sind langwierig und kostenintensiv. Auch beim Verkauf von Unternehmen wird die Kommunikation mit anderen Unternehmen geprüft.

Das Kartellrecht ist auch deshalb schwierig zu handhaben, weil es keine präventiven kartellrechtlichen Auskünfte kennt. Unternehmen verantworten selbst, ob sie kartellrechtlich korrekt handeln.

Die Zusammenarbeit zwischen nationalen und EU-Kartellbehörden wird immer intensiver, der Informationsaustausch umfassender.

Kartellbekämpfung ist ein politischer Schwerpunkt. Dies zeigt sich darin, dass die Kartellbehörden mit immer mehr Ressourcen ausgestattet werden. Dadurch werden abgestimmte Kontrollen und konzertierte Aktionen gegenüber Unternehmen möglich.

Kartellrechtswidrige Vereinbarungen zwischen Unternehmen sind auch gerichtlich nicht durchsetzbar. Gerichte sind gehalten, bei Verdacht von Kartellabsprachen die Gerichtsakten an die Kartellbehörde weiterzuleiten.

Häufigste Sanktionen der Kartellbehörden sind Bußgelder. Im Jahr 2008 verhängte allein das Bundeskartellamt Bußgelder in Höhe von 480. Mio. EUR. Bußgelder in einem Land werden nicht auf Bußgelder in einem anderen Land angerechnet. Die Faustformel für das kartellrechtlich angemessene Bußgeld lautet: 30 % des Umsatzes des entsprechenden Marktsegmentes x Jahre des Verstoßes. Die Kooperationsbereitschaft betroffener Unternehmen wirkt sich günstig auf das Bußgeld aus.

Nicht unproblematisch ist auch die Kronzeugenregelung. Danach kann mit einem geringeren Bußgeld oder sogar einer Reduzierung auf Null rechnen, wer erstmals ein Kartell offen legt. Allerdings kommt es auf die Qualität der Offenlegung und der weiteren Kooperationsbereitschaft an.

Ewiges Thema: Energiesteuer

Einen weiteren Fachvortrag hielt Rechtsanwalt und Steuerberater Steffen Döring (PricewaterhouseCoopers AG, Berlin) zum Thema Tierfette im Sinne des Energiesteuergesetzes.

Tierische Fette sind Energieerzeugnisse im Sinne des Gesetzes, wenn sie als Kraft- oder Heizstoff bestimmt sind. Zu dieser Bestimmung reicht der alleinige Wille des Unternehmers nicht aus. Vielmehr muss die Bestimmung auch nach außen erkennbar sein.

Döring erläuterte verschiedene Kapitel des Energiesteuergesetzes, nämlich die Steueraussetzung, die Steuerentlastung und die Steuerbefreiung. Er brachte damit einen systematischen Überblick, in den die Zuhörer die jeweiligen Probleme mit dem Energiesteuergesetz gut einordnen konnten.

Das Steueraussetzungsverfahren ist einschlägig, wenn das Energieerzeugnis in ein Steuerlager gebracht werden soll. Dies kann der Herstellungsbetrieb oder ein anderes Lager sein. Das Steuerlager ist von der Finanzverwaltung zuzulassen. Das Verbringen in ein Steuerlager kann auch in einen anderen EU-Mitgliedstaat oder in ein Drittland erfolgen.

Die Energiesteuer entsteht mit der Entfernung der tierischen Fette aus einem Steuerlager, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren oder ein Zollverfahren anschließt. Gleiches gilt für die Entnahme innerhalb des Steuerlagers zum Ge- oder Verbrauch.

Döring räumte ein, dass der Steuertarif für tierische Fette schwierig zu ermitteln ist. Tierische Fette sind nicht ausdrücklich im Steuertarif genannt, sondern richten sich nach vergleichbaren Energieerzeugnissen. Es konnte gutachtlich ermittelt werden, dass tierische Fette möglicherweise am ehesten mit schweren Heizölen vergleichbar sind, so dass ein grundsätzlicher Steuersatz von 130 EUR / t Anwendung findet. Werden tierische Fette jedoch zur Erzeugung von Wärme verwandt und damit verheizt, gilt ein ermäßigte Steuersatz in Höhe von 25 EUR / t.

Für die steuerfreie Verwendung von Tierfett benötigen die Verwender ebenfalls eine Erlaubnis der Finanzverwaltung. Die nicht energetische Verwendung, z.B. in der Oleochemie, fällt dagegen nicht unter das Energiesteuergesetz.

Außerdem gilt, dass Tierfett das in Müllverbrennungsanlagen vernichtet werden muss, ohne Antrag generell von der Steuer befreit ist.

Hauptfall für die Verarbeitungsbetriebe Tierischer Nebenprodukte (VTN) ist die steuerfreie Verwendung im eigenen Herstellungsbetrieb – zur Gewinnung der für den Produktionsprozess benötigten Wärme.

Die Steuerbefreiung greift nur für die Fettmenge, die tatsächlich zur Aufrechterhaltung des Betriebes eingesetzt wird. Voraussetzung ist auch hier eine Erlaubnis des zuständigen Hauptzollamtes. Soll Tierfett in einem anderen Herstellungsbetrieb zur Gewinnung von Wärme eingesetzt werden, so bedarf es einer Erlaubnis des dortigen zuständigen Hauptzollamtes.

Die für die Branche entscheidende Frage, ob das Herstellerprivileg auch für die Abgabe von zugelassenen Herstellungsbetrieben an nicht zugelasse gilt, konnte auch der Referent nicht beantworten. Dies wird wohl erst in Verfahren vor den Finanzgerichten geklärt werden können.

Abschließend nahm Döring zu den Fragen der Steuerentlastung Stellung. Sie kommt beispielsweise bei der gleichzeitigen Verwendung als Energieerzeugnis und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff in Betracht. Auch die thermische Behandlung als Abfall führt zur Steuerentlastung.

Es war nicht zu erwarten, dass außerhalb der Finanzgerichte eine klare Aussage zur Verwendung tierischer Fette erfolgen konnte. Der Vortrag von Döring trug aber dazu bei, die Systematik des Energiesteuergesetzes genauer zu erfassen.



Biogas aus Kategorie 1

Schließlich stellte Werner Käufeler die Biogasanlage in Bazenheid vor. Hierbei handelt es sich um ein Projekt, das in der TVA St. Erasmus in Bayern entwickelt worden war, dort aber aufgrund der örtlichen Umstände nicht erfolgreich betrieben werden konnte.

In der Schweiz sind die Verhältnisse anders: Auch tierische Nebenprodukte der Kategorie 1 – die TMF Extraktionswerk AG ist ein VTN der Kategorie 1 – sind als erneuerbare Energie anerkannt. Außerdem kann mit der Müllverbrennungsanlage in Bazenheid zusammengearbeitet werden, die nur zehn Meter neben dem VTN liegt.

Das Schweizerische Stromversorgungsgesetz und andere nationale Regelungen erkennen Kategorie-1-Material in Konformität mit den EU-Regelungen als erneuerbare Energie an.

Zusammen mit der Centravo AG, einem anderen VTN, hat man sich nach Prüfung verschiedener Verfahren entschieden, eine 80.000-t-Biogasanlage am Standort Bazenheid zu errichten.

In der Biogasanlage werden sterilisierte tierische Nebenprodukte der Kategorie 1 vergast. Das entstehende Ammoniakwasser benötigt die nahe Müllverbrennungsanlage zur Rauchgasreinigung. Deren Abwasser wird zusammen mit dem Produktionsabwasser des VTN in die kommunale Kläranlage geleitet.

Die Investitionskosten betragen rund 23 Mio. Schweizer Franken. Die Verarbeitungskosten in Bazenheid vermindern sich gegenüber dem konservativen Verfahren um
ca. 50 Schweizer Franken / t.

Zu berücksichtigen ist auch, dass kein Tiermehl mehr produziert wird, keine Trocknung mehr notwendig ist und keine Tiermehl-Transporte in Verbrennungsanlagen stattfinden müssen. Als Nachteil entstehen erhöhte Abwassermengen.


Zukünftig zusammen mit STN

Abschließend dankte LTS-Vorsitzender Rainer Berndt den Referenten sowie dem Gastgeber und informierte darüber, dass anlässlich der am Tag zuvor stattgefundenen Mitgliederversammlung der LTS-Vorstand im Amt bestätigt wurde. Er besteht aus Rainer Berndt (Oberding) als Vorsitzendem und Georg Ensner (Bamberg) sowie Hubert Heubl (St. Erasmus) als Stellvertretern.
Ab dem nächsten Jahr wird die Tagung zusammen mit der Arbeitstagung der STN – Servicegesellschaft Tierische Nebenprodukte mbH stattfinden.